Auswanderer

Zwischen den beiden Weltkriegen des vorigen Jahrhunderts brach in Klein- und Großalfalterbach ein regelrechtes Auswanderungsfieber aus. Zu dieser Zeit verließen über 40 Menschen, zum Teil ganze Familien, ihre alte Heimat und siedelten nach Übersee aus, um dort ihr Glück zu machen. Die Schiffspassage erfolgte meist von Bremen aus und kostete ca. 500 RM. Eine Überfahrt nach New York dauerte 10-14 Tage und barg viele Gefahren. Endlich am Ziel angekommen, mussten sich alle Auswanderer eine neue Existenz aufbauen. Einige kehrten nach Jahren wieder in ihre Heimat zurück, andere blieben ihr Leben lang in Amerika. Nach dem Zweiten Weltkrieg schickten diese Auswanderer Care-Pakete zu ihren Familien und nachdem Pfr. Grießbauer unermüdlich Bettelbriefe nach Amerika gesandt hatte, spendeten sie eine neue Glocke für die Großalfalterbacher Kirche, die die Aufschrift trägt: „Ich wurde gegossen im Heiligen Jahr 1950 als Stiftung von Pfarrkindern, die nach Amerika ausgewandert sind. Ich stamme aus Amerika, bin als Versöhnungsglocke da. Pax Christi soll mein Name sein, ich läute heilgen Frieden ein." Der Kontakt mit den Auswanderern bestand meist nur im Briefwechsel, denn ein Telefongespräch nach Amerika war nicht billig, ein drei Minuten-Gespräch kostete 1950 ca. 50 DM.

Natürlich gab es auch schon vorher Menschen, die ihr Glück in Amerika oder Australien suchten. Auch das belegen Dokumente aus der jeweiligen Zeit. Eine erste Ausreisewelle fand von 1840-1865 statt, darunter waren einige Deininger Bürger. 1850 lockten Inserate Ausreisewillige an: „Herr A. beehrt sich, sein Auswanderungs-Expeditions-Geschäft nach New York, Baltimore, Philadelphia, New Orleans, Galveston in Texas, Quebek in Canada, Adelaide in Südaustralien und San Francisko in Californien, hiermit in Erinnerung zu bringen." Die Auswanderer gaben ihrerseits nach ihrem Entschluss dann in der Zeitung bekannt: „Der Handwerksmeister N. gedenkt mit seiner Frau und seinen drei unmündigen Kindern im März kommenden Jahres nach Nordamerika auszuwandern. Alle diejenigen, welche was immer für Forderungen an diese Familie zu machen haben, werden hiermit aufgefordert, diese ihre Forderungen binnen 30 Tagen bei Gerichte geltend zu machen." Der Abschied in der Öffentlichkeit war festlich und optimistisch, in der Familie allerdings war er bedrückend und sorgenvoll, da er meist eine lebenslange Trennung bedeutete. Oft brachen die Auswanderer mitten in der Nacht auf, um den Abschied zu umgehen. Ihre abenteuerliche Reise begann mit einer Fahrt nach Bremen, dort mussten sie oft wochenlang auf eine Schiffspassage warten. Nicht selten wurden die Auswanderer in dieser Wartezeit auch das Ziel von Betrügern, die sie um ihr Erspartes brachten. Endlich auf dem Schiff angekommen, waren die Strapazen noch nicht zu Ende. Es herrschte qualvolle Enge, ansteckende Krankheiten und viele Todesfälle waren die Folge. Naturgewalten blieben nicht aus und so war das Ende jeder Reise ungewiss. Die Fahrt mit den damals noch üblichen Segelschiffen konnte bis zu 70 Tage dauern. Als um 1850 die Dampfschiffe sie ablösten, die zwar die doppelte Passage kosteten, verringerte sich die Reisezeit aber um ca. 50 Tage auf zwei bis drei Wochen.

Die nächste Ausreisewelle erfolgte von ca. 1890-1905. Bei dieser waren auch einige Unterbuchfelder dabei, die entweder Australien ansteuerten oder, wie z.B. Josef Kollmeier, der 1891 zu einem Onkel nach Buffalo auswanderte. Er suchte dort sein berufliches Glück und fand es nach mehreren Fehlversuchen als Zeitungsanzeigen-Agent. Trotz dieses Erfolges kehrte er 1905 wieder in seine Heimat zurück.

Berta Wienziers

  • Eine Zeitungsanzeige von 1903.

  • Schmid Albert, dessen Eltern nach Amerika auswanderten und wieder nach Großalfalterbach zurückkamen, als Albert ein Jahr alt war. Mit 17 Jahren ist er 1947 dann selbst wieder nach Amerika ausgewandert.

  • Die Geschwister Weidinger, die um 1920 nach Amerika auswanderten.